„Wir sind und wir bleiben verbunden“

Reise zum Partnerbund des BEFG in Malawi

Nach fünf Jahren endet die Partnerschaft zwischen dem BEFG und der Baptist Convention of Malawi (BACOMA) 2016 offiziell. Eine Reisegruppe aus Deutschland besuchte im August das südostafrikanische Partnerland und bekam einen Eindruck davon, was in dieser Zeit gewachsen ist. Vieles davon wird weiter bestehen, wie Dr. Michael Gruber in seinem Bericht zeigt.

Unter baptisten.de/malawi2016 finden Sie ein ausführliches Reisetagebuch. Videointerviews, Reportagen, Fotos und musikalische Eindrücke nehmen auf lebendige Weise mit hinein in die Partnerschaft.

In der Jerusalem Baptist Church in einem Vorort der malawischen Metropole Blantyre herrscht geschäftiges Treiben. Etwa sechzig Männer, Frauen und Kinder haben sich an diesem Samstagnachmittag im Gottesdienstraum zusammengefunden. Mit dabei: vier Gäste aus der Partnergemeinde Berlin-Lichterfelde (Ost). Für ihr Gemeindefest haben die Baptisten vor der Kanzel ein reichhaltiges Büffet aufgebaut. Es gibt Hühnchen, Bohnen, Krautsalat, lecker gewürztes Kohlgemüse, Reis und das Nationalgericht Nsima, eine Maismehlmasse, in der Konsistenz deutschen Klößen ähnlich. Ansteckend ist die Offenheit, mit der die Menschen uns hier begegnen. Mehrere Männer schütteln mir freundlich die Hand, wir kommen ins Gespräch. Als ich fotografiere, strahlen mich mehrere dutzend Augenpaare an. Es ist das, was Partnerschaftskoordinator Vincent Chirwa meint, wenn er davon spricht, dass trotz der Sprachbarriere die Sprache der Liebe in dieser Partnerschaft zwischen deutschen und malawischen Baptisten immer verstanden wird – eine Grunderfahrung auch dieser Reise.

Die Mitglieder der Berliner Gemeinde haben eine Woche bei Familien ihrer Partnergemeinde gelebt. Der erst 17-jährige Daniel Neumann wollte unbedingt mitfahren, nachdem einige aus Blantyre im Vorjahr in Berlin waren und „Freundschaften entstanden sind.“ Besonders beeindruckt ist er von der Art der Malawier, Gottesdienst zu feiern: der Gesang, die Gebete, die Predigt. „Mit Freunden Gottesdienst feiern“ – für ihn das schönste Erlebnis der Woche. Für Gemeindediakonin Beate Bockemühl war besonders beeindruckend, wie im gemeinsamen Gebet Sprach- und Landesgrenzen keine Rolle mehr gespielt haben, sondern man eins war in Christus. Ndu Ntonda, Gemeindeleitungsmitglied aus Blantyre, war letztes Jahr mit in Berlin. Sie hat es als bereichernd erlebt, eine andere Kultur kennenzulernen. Im Interview erzählt sie mir, dass sie vom Umgang der Berliner mit den vielen älteren Gemeindemitgliedern angetan war. So hat sie den Impuls mitgenommen, auch daheim besonders auf die Anliegen der Älteren zu achten.

In dieser ersten Woche der Malawireise werden weitere Gemeindepartnerschaften gepflegt. So sind das Pastoren- und ein weiteres Ehepaar aus Höxter in der Baptistengemeinde in South Lunzu, ebenfalls einem Vorort von Blantyre. Dort helfen sie beim Bau des neuen Pastorenhauses mit. Und drei Mitglieder aus Gummersbach-Windhagen besuchen ihre Partner in Usisya am Malawisee.

Fischerbote am Malawisee

Jerusalem Baptist Church

Gemeindepartner South Lunzu - Höxter


Den Präsidenten der BACOMA Rustin Kalenga haben die Partnerschaften zwischen Ortsgemeinden besonders beeindruckt. Oft seien in Partnerschaften zwischen nationalen Kirchen nur die Leitungen eingebunden, aber die Partnerschaft mit den deutschen Baptisten ist auch an der Basis angekommen. Das erzählt er mir am Rande der Jahrestagung der BACOMA, der ersten Station unserer zweiten, nun gemeinsamen Reisewoche. Überhaupt ist Kalenga dankbar für die Partnerschaft. Man habe viel von den Deutschen gelernt, vor allem, aus Abhängigkeiten herauszukommen. Die Partner zuvor, so Kalenga, die Southern Baptists aus den USA, hätten die malawischen Baptisten immer unterstützt, doch dadurch seien Abhängigkeiten entstanden. Am Ende hätten viele in Malawi gedacht, ohne Hilfe von außen nichts schaffen zu können. Auch das Gottvertrauen habe darunter gelitten. Die Partnerschaft auf Augenhöhe mit dem BEFG habe neuen Mut gegeben.

Die ehemalige BEFG-Generalsekretärin Regina Claas, die nun als Missionarin für EBM INTERNATIONAL im südlichen Afrika arbeitet, hat allerdings auch gesehen, dass die Augenhöhe manchen zunächst zu schaffen machte: Erst waren die Malawier enttäuscht, dass die Deutschen nicht so viele Geschenke bringen. Dann haben sie verstanden, dass es ihnen viel mehr hilft, die Initiative selbst zu ergreifen. Schwierig war mitunter auch die Kommunikation, so Vincent Chirwa. Der BACOMA-Partnerschaftskoordinator nennt mir einige Tage später beim Interview am Malawisee nicht nur die Sprachbarriere, sondern auch verzögerte Antworten durch das mitunter langsame Internet. Und dass es am Anfang oft nur E-Mail-Absprachen gab, hat die beziehungsorientierten Malawier teils abgeschreckt. Doch dann seien bleibende Freundschaften entstanden. Bei allen Herausforderungen bei der Balaka Farm war für Chirwa gerade die Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Malawiern an diesem konkreten Projekt ein Highlight. Und seine eigenen drei Monate in der EFG Witzenhausen sieht er als „wundervolle Erfahrung“ an.

Wie Chirwa beschreibt auch Koordinator Volker Bohle die entstandenen Beziehungen als das ganz Besondere dieser Partnerschaft. So sei nach den Anschlägen in Deutschland und der Flutkatastrophe in Malawi jeweils sehr große Solidarität spürbar gewesen. Und nach einem Verkehrsunfall bei der Malawireise 2012 habe man gemeinsam eine Situation durchgestanden und darin Geschwisterschaft und Vertrauen gelernt.

Auch der Austausch der Theologischen Hochschule Elstal mit dem Seminar in Lilongwe ist für Bohle ein Beispiel der fruchtbaren Beziehungen. Davon können wir uns auf unserer Reise vor Ort in Lilongwe ein Bild machen. Rektor Prof. Akim Chirwa und Student Goodwill Malungu berichten mir, wie der interkulturelle Austausch über theologische Fragen durch den Austausch von Dozierenden zu einer Perspektiverweiterung geführt hat.

Auch wenn die Partnerschaft offiziell endet, wird vieles bleiben. Die Gemeindepartnerschaften zum Beispiel, von denen eine sogar erst dieses Jahr begonnen hat. Ebenso all die Freundschaften, die auf verschiedenen Ebenen gewachsen sind. Und die Zusammenarbeit an verschiedenen Stellen, zum Beispiel zwischen den Frauen beider Bünde, die einen geistlichen Austausch institutionalisieren wollen. Und natürlich geht die praktische Unterstützung durch die EBM weiter. Ist es nicht schade, dass die Partnerschaft jetzt offiziell endet? „Ja und nein“, sagt Volker Bohle: Manches kann leider nicht weitergehen wie bisher, doch uns ist wichtig, dass keine neuen Abhängigkeiten entstehen. Und Bohle ist von dem überzeugt, was der Leiter des Dienstbereichs Mission, Joachim Gnep, in seinem Grußwort auf der BACOMA-Konferenz gesagt hat: „Wir sind und wir bleiben verbunden.“

Ein Artikel von Dr. Michael Gruber