Beim Hingehen erlebt

Bei der Essensausgabe im Flüchtlingsheim

Es ist der 2. Advent. Im Gottesdienst wird angesagt, dass in das Studentenwerk neben unserer Kirche Flüchtlinge aufgenommen werden. Für die Essensausgabe werden noch Helfer gesucht. Ich melde mich und erfahre von der Koordinatorin der Arbeit, dass 35 Menschen erwartet werden und ich Freitagmittag beginnen kann.

Auf dem Weg in die Unterkunft überlege ich, was mich wohl erwartet, Bilder aus dem Fernsehen kommen mir in den Sinn, doch dann auch eine tiefe Gewissheit:  dahin wo ich jetzt komme, ist Gott schon gegenwärtig.

Ankunft am Ziel: Hintereingang, vorbei an der Großküche, die auch das Essen zubereitet, geschäftiges Treiben, kurze Beschreibung, wie ich zur Essensausgabe komme. Dort erwartet mich schon eine Mitarbeiterin, die mich einweist. Ich erfahre, dass von den erwarteten 35 nur 13 junge Sudanesen angekommen sind. Von ihnen kam keiner zum Frühstück. Später erzählt uns der Wachmann, der sowohl Deutsch, als auch Arabisch spricht, dass es in der Kultur nicht üblich wäre morgens etwas zu essen. Es gäbe nur 2 Mahlzeiten.

Mittags kommt die Hälfte der Männer zum Essen. Es gibt Gemüsesuppe. Für die Männer sehr fremdartig. Ihr Nationalgericht ist Ful und besteht aus Favabohnen, die zu einem dicken Brei eingekocht werden, d.h. eine wesentlich festere Konsistenz. Das Joghurt und die Bananen erfreut sie. Die meisten bedanken sich auf Deutsch.

Die Männer verteilen sich auf die Tische, einige unterhalte sich miteinander. Wir sind außen vor, verstehen nichts, so geht es den Sudanesen bei uns, denke ich. Doch ich merke auch, wie ich durch eine freundliche Zuwendung auch ohne Worte etwas deutlich machen kann. Am Ende der Mahlzeit wischen 2 Männer die Tische ab. Auch durch diese Geste kommt ohne Worte bei uns etwas an. Wir sind sehr erstaunt und erfreut darüber.

Ein Mann bleibt sitzen und lernt mit seiner Sprach-App deutsch. Tür, ü - ein schwieriger Vokal, den er oft nachsprechen muss, bis es ihm gelingt. Doch dann strahlt er und freut sich, als wir ihn bestätigen, mit Daumen hoch - sehr gut.

Nach diesem Einsatz fahre ich erfüllt mit einem fröhlichen Herzen nach Hause und habe wieder einmal erfahren, wie Geben bereichert und Begegnungen gelingen können, auch wenn man nicht die gleiche Sprache spricht.

Gaby Löding
28.12.2015