Das Evangelium – ganz leicht gesagt!?

Akademie vor Ort – in Remscheid

Leichte Sprache kann ganz schön schwer sein. Das haben 20 Mitarbeiter/-innen aus unterschiedlichen nordrhein-westfälischen Gemeinden erfahren. Am 30. Juni haben sie, gemeinsam mit Pastorin Andrea Schneider (Oldenburg), zum Thema „Leichte Sprache“ in der Friedenskirche Remscheid gearbeitet.

Um es praktisch werden zu lassen, haben zwei Gemeinden Bibeltexte vorgeschlagen. Diese wurden für bereits geplante Gottesdienste in „Leichte Sprache“ übertragen. In Remscheid wurden sie direkt am nächsten Tag im Gottesdienst „ausprobiert“ und sind auf positive Resonanz gestoßen.

Bei der Übertragungsarbeit wurde deutlich, dass es zunächst darum geht, den Text selbst zu verstehen. Immer wieder sind dabei Entscheidungen zu treffen, die auf das eigene Verständnis zurückgehen. Ist Gott mein Trost – oder tröstet er? Welche Gedanken verbinden die Text-Arbeiter/-innen mit Trost? Was ist passiv, was aktiv für sie? So haben sich spannende Diskussionen an diesem Workshoptag ergeben. Herausgekommen sind wunderschöne Texte. Texte, die aufhorchen lassen. Sie klingen anders. Neue Gedanken werden möglich. Und sie führen zurück zum ursprünglichen Text . „Das muss ich noch einmal in meiner Lutherbibel nachlesen ...“ Leichte Sprache hilft so nicht nur dem Hörenden, sondern auch demjenigen, der den Text schreibt. Der ihn vorträgt.

Leichte Sprache ist durch die UN-Konvention für Rechte von Menschen mit Behinderungen im gesellschaftlichen Leben angekommen. Und das ist gut so! Barrierefreie Zugänge zu unseren Kirchen sind selbstverständlich geworden. Natürlich sollen Rollstuhlfahrer/-innen ebenerdig unsere Räumlichkeiten erreichen können. Unsere Sprache hingegen ist nicht immer barrierefrei, sondern „Kirchensprech“. Ich selbst bin gedanklich bei der Abendmahlsliturgie hängengeblieben. Die Einsetzungsworte zum Kelch habe ich immer als sperrig empfunden. Aber da ich sie als Konfirmand schon auswendig lernen musste, sind sie mir in Fleisch und Blut übergegangen. „Nehmet hin und trinket alle daraus, dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Diesen Satz habe ich in Leichte Sprache übertragen. Jetzt klingt er so: „Ihr sollt alle aus dem Becher trinken. Das ist ein Bild. Es bedeutet: Ich verbinde mich mit euch. Ich vergieße mein Blut für euch. Und vergebe euch eure Schuld.“ Leichte Sprache hilft mir Gedanken zu sortieren, zu reduzieren und Begriffe zu öffnen. Alle Teilnehmer/-innen des Workshops haben Lust daran gefunden sich verständlicher auszudrücken und wir dürfen gespannt sein, welche schönen Texte aus ihrer Arbeit entstehen. Vielleicht hören wir sie ja irgendwann im Gottesdienst.

Ein Artikel von André Carouge