Foto: Jonas Peschel

„Diese Gemeinschaft nicht mehr nehmen lassen“

Missionarischer Gemeindekongress DYNAMISSIO in Berlin

Mit einem Abendmahlsgottesdienst im Berliner Velodrom ist am Samstag der dreitägige missionarische Gemeindekongress DYNAMISSIO zu Ende gegangen. Der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Michael Diener, der auch Mitglied im Vorstand des Kongresses sowie im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, ermutigte in seinem Sendungswort die 2.200 Teilnehmenden, den Blick auf das Gelingende zu richten: „Vieles ist auch heute schon gut: Schaut euch diesen Kongress an.“ Im Vorfeld habe es durchaus heftige Debatten im Kongressvorstand gegeben. „Aber wir sind zusammengeblieben“, so Diener unter dem Applaus der Anwesenden. „Und wir werden uns diese Gemeinschaft nicht mehr nehmen lassen.“

Am Vortag hatte der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, angesichts von Terror und Gewalt Christinnen und Christen dazu aufgerufen, „Botschafter der Versöhnung“ zu sein. Viele Menschen seien erschrocken und verunsichert über „Staatspräsidenten, die anderen Staaten und Politikern Nazi-Vorwürfe entgegenbringen“, über die Pläne, neue Mauern zu errichten und über wachsende Entfremdung und Zwietracht. Auch der Terroranschlag in London mache sehr betroffen: „Wir denken im Gebet an die Menschen dort.“ Aber „weil Christus unter uns ist, reagieren wir nicht mit Hass auf Gewalt. Und wir überlassen nicht der Angst das Feld.“

Der Greifswalder Theologieprofessor Michael Herbst hatte im Eröffnungsvortrag am Donnerstag, 23. März, Luthers Rechtfertigungslehre in den Mittelpunkt gestellt und für eine Rückkehr zu diesem „Glutkern reformatorischer Theologie“ geworben. Das Evangelium von der Befreiung durch Jesus Christus sei 500 Jahre nach der Reformation immer noch fremd und sperrig. „Dieses Fremde zu sagen, macht Kirche relevant.“

Neben den Vorträgen im Velodrom fanden in ganz Berlin an insgesamt 124 Veranstaltungsorten in Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen Foren, Seminare und Workshops statt, unter anderem mit dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, und dem religions- und migrationspolitischen Sprecher von BÜNDNIS 90/Die Grünen, Volker Beck. Der Vorsitzende des Kongressvorstands, Erhard Berneburg, verwies am Freitag vor Journalisten auf die große Bandbreite der Veranstalter und das Neuartige dieses Formats: „Das hat es so in Deutschland noch nicht gegeben. Wir brauchen diesen Austausch und das Lernen voneinander für die missionarische Bewegung.“

Und so lauschten beispielsweise am Donnerstagnachmittag 185 Teilnehmer im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung am Berliner Nordbahnhof gebannt dem Vortrag von Prof. Hans-Joachim Eckstein zur „Menschwerdung Gottes“. In einem Forum zur Vielfalt der Religionen betonte Andreas Goetze, Landespfarrer für den interreligiösen Dialog der Berliner Landeskirche: „Schafft Räume der Begegnung, nur so wächst Vertrauen!“ Der Leiter der Münchener ICF-Gemeinde (International Christian Fellowship), Tobias Teichen, berichtete über die Ausrichtung seiner Gemeinde am „Puls der Zeit.“ Damit sei nicht der Zeitgeist gemeint, erläutert Teichen, sondern die Fragen, die die Menschen umtreiben. „Die Antwort ist immer Jesus, aber man muss zuerst die Fragen der Menschen kennen.“ Auch eine Vielzahl von Praxisprojekten stellte sich vor. Wie zum Beispiel „blu:boks“: Inmitten der Mietskasernen von Lichtenberg bietet das Projekt in Workshops zu Musik, Tanz, Schauspiel und Handwerk den jungen Menschen des Stadtteils die Möglichkeit, neue Seiten an sich zu entdecken und ein starkes Selbstbewusstsein zu entwickeln.

In all den Veranstaltungen ging es immer wieder um die Frage: Wie können Christinnen und Christen ihr Umfeld, aber auch die Welt darüber hinaus zum Guten verändern? „Das Leiden der Menschen in El Salvador, in Syrien, im Iran, in der demokratischen Republik Kongo und aller anderen ist eine Realität, der wir nicht ausweichen können“, so die Theologin Ruth Padilla DeBorst aus Costa Rica, die am Freitagabend im Velodrom sprach. „Das ist die Realität, in die wir als Kirche gesandt sind, in den Fußspuren unseres Herrn.“

Die Resonanz der Teilnehmenden war sehr positiv. „Ich nehme die Ermutigung mit, einfach loszugehen und Gott am Wirken zu sehen und nicht nur darauf zu warten, dass er kommt“, sagte Christopher Rinke (46) aus Weimar an der Lahn. Jana Vallee (27) aus Wuppertal hat den Impuls mitgenommen, „die erlösende Gnade Christi, die Freiheit, die wir daraus haben, als Motor zu nehmen, um von Jesus Christus und Gott zu reden. Das macht mir Mut, frei und fröhlich darüber zu sprechen.“ Für Marie Willermark (62), die Leiterin der Heilsarmee in Deutschland, hat der Kongress gezeigt, dass Gott die Christen in Deutschland vorbereitet habe, „ihm mit einem Geist und der einen Absicht zu dienen, für die Verlorenen und Bedürftigen da zu sein.“ Hartmut Bartel (59) aus Wittenberge sei nicht nur gespannt, zu überlegen, wie er neue Missionsformen in der Gemeinde einsetzen könne: „Auch persönlich war es sehr aufbauend, dass man mit vielen verschiedenen Konfessionen zusammen ist, und wir haben einen Herrn!“

Ein Artikel von Silke Römhild, Michael Gruber, Julia Grundmann