EBF-Ratstagung 2011 in Nazareth

Bericht von BEFG-Generalsekretärin Regina Claas

Vom 21. bis 24. September 2011 fand in Nazareth (Israel) die Jahrestagung der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF) statt. Delegierte und Gäste aus ganz Europa waren zusammengekommen, um der Einladung aus Nazareth zu folgen („Komm und sieh!“) und um über die Arbeitsschwerpunkte und aktuellen Anliegen der 55 Mitgliedsbünde zu beraten. Doch nur fast alle waren gekommen – aufgrund der politischen Situation war für die Repräsentanten aus einigen Ländern des Nahen Ostens eine Einreise nach Israel leider nicht möglich. Zur Erklärung: Die zumeist sehr kleinen baptistischen Zusammenschlüsse in Ländern der arabischen Welt fühlen sich in der afrikanischen Region  des Baptistischen Weltbundes nicht gut aufgehoben. Kulturell sind sie Europa eher verbunden. Es wurde daher vor einigen Jahren beschlossen, die Länder des Nahen Ostens der EBF und nicht der All Africa Baptist Fellowship zuzuordnen. Für sie alle sandte Nabil Costa aus dem Libanon, einer der Vizepräsidenten des Baptistischen Weltbundes und Mitglied der EBF Exekutive, eine Grußbotschaft per Video. Damit stand allen schmerzlich vor Augen, wie weit wir noch entfernt sind von einer Welt, in der ein friedliches Miteinander und ein freier Umgang aller Völker und Religionsgruppen möglich ist. Das Gebet für den Frieden hatte dementsprechend in der Tagung einen hohen Stellenwert.

Eine solche Ratstagung besteht immer aus unterschiedlichen Programmteilen. So gab der scheidende Präsident Valeriu Ghiletchi (Moldawien) einen Tätigkeitsbericht über das vergangene Jahr. Generalsekretär Anthony Peck (Großbritannien) berichtete über einige Schwerpunkte aus den Bereichen Mission und Evangelisation, Theologische Reflektion, gesellschaftliches Engagement (z. B. im Netzwerk gegen Menschenhandel) und Einsatz in Konfliktsituationen sowie Beteiligung an verschiedenen ökumenischen Gesprächen. Es wurde deutlich, dass die EBF eine wichtige und wirkungsvolle Plattform ist, um die Anliegen der Baptistenbünde in Europa und im Nahen Osten in engem Kontakt mit anderen evangelikalen Bünden und Kirchen voranzubringen. Auch die einzelnen Abteilungen und Arbeitszweige berichteten von den konkreten Projekten. Drei Themen wurden in Seminaren vertieft: Mission im islamischen Kontext, Gemeinde und Gesellschaft in Ost- und Westeuropa sowie Integration von Migranten.

Besondere Beachtung fand die Situation im Gastgeberland. Die Association of Baptist Churches in Israel ist in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Beim Eröffnungsabend in der Nazareth Baptist Church sowie bei einem geselligen Abend mit Pastoren und Gemeindemitgliedern aus der Umgebung in der renommierten Nazareth Baptist School wurde dies gefeiert. Die Organisation „Musalaha“ stellte an einem Vormittag ihre Friedensarbeit zwischen Juden und Arabern vor. Dabei rückten die persönlichen Zeugnisse der Betroffenen die Komplexität des Konfliktes in greifbare Nähe. Eindrücke ganz anderer Art vermittelte dann noch eine Exkursion in das „Nazareth Village“, ein Projekt der evangelikalen Christen in Nazareth, die auf einem großen Areal ein Dorf aufgebaut haben, wie es zur Zeit Jesu ausgesehen haben könnte. Gut geschulte Mitarbeitende demonstrieren vor den authentischen Bauwerken alltägliche Verrichtungen und das Handwerk von damals und verknüpfen das Ganze mit biblischen Geschichten. Dadurch führen sie die Besucher an Glaubensfragen heran. Auch ein Ausflug an den See Genezareth wurde am Ende der Tagung noch angeboten.

In diesem Jahr gab es auf der Ratstagung wieder Wahlen. Hans Guderian, Pastor der EFG Berlin-Oberschöneweide, wurde für die nächsten zwei Jahre einstimmig als EBF-Präsident gewählt. Zum neuen Vizepräsidenten wurde der Theologe und Präsident des rumänischen Baptistenbundes Otniel Bunaciu gewählt. Mit dieser Wahl ist erneut eine Brücke geschaffen zwischen den westlichen und den östlichen europäischen Bünden, die von ihrer Geschichte, Kultur und Glaubensprägung durchaus unterschiedlich sind.

Der Baptistische Weltbund war durch Paul Montacute vertreten, den Direktor des Hilfswerks Baptist World Aid, und durch Regina Claas als eine der zwölf Vizepräsidenten. Paul Montacute wurde mit einem herzlichen Dank anlässlich seines im Juli 2012 bevorstehenden Ruhestandes verabschiedet. Er stammt ursprünglich aus England, und die EBF fühlte sich mit ihren Anliegen durch ihn beim Baptistischen Weltbund immer gut vertreten.

Finanzen sind auch in der EBF ein heikles Thema. Besonders der Haushalt des International Baptist Theological Seminary (IBTS) bereitete den Delegierten der Ratstagung – wie schon in den vergangenen Jahren – Sorge. Es war bereits zum Zeitpunkt der Tagung abzusehen, dass die internationale Ausbildungsstätte der EBF ihr Einsparungsziel für 2011 nicht erreichen kann, um den Standort in Jenerálka im Nordwesten der tschechischen Hauptstadt Prag zu sichern. Eine Steuerungsgruppe hatte sich in den vergangenen 12 Monaten mit verschiedenen Alternativen beschäftigt und gab nun bekannt, dass drei alternative Standorte in die engere Wahl gekommen sind, darunter auch Elstal bei Berlin. Damit muss nun eine genaue Recherche beginnen, was ein solcher Umzug nach Elstal bedeuten würde, welche Konsequenzen dies für die eigene Bildungsarbeit des BEFG einschließlich des Theologischen Seminars Elstal (FH) hätte, und wie ein solches Projekt zu finanzieren wäre. Der neue IBTS-Schatzmeister Urs Bruhn, Mitglied im BEFG, ist gemeinsam mit dem Schatzmeister der EBF, Jan Saetre (Norwegen), für den anstehenden Prozess ein verlässlicher Gesprächspartner. Sollten die umfangreichen Vorabklärungen zu dem Ergebnis führen, dass ein Umzug nach Elstal sinnvoll und möglich ist, müsste natürlich die Bundesratstagung des BEFG darüber entscheiden, ob eine entsprechende Einladung an die EBF ausgesprochen wird.

Neben den formalen Sitzungen sind auf einer Ratstagung die Pausengespräche und Treffen kleinerer Gruppen ebenso wichtig. Hier wurden Gelegenheiten genutzt, um mit Partnern über konkrete Projekte zu sprechen. Netzwerke wie das der „weiblichen Generalsekretäre und Präsidenten“, die kleinen Bünde, die russischsprachigen Bünde oder auch die in der EBF vertretenen Missionswerke trafen sich, um Erfahrungen auszutauschen. Nebenbei tagte ein kleines Komitee in jeder Pause, das die Resolutionen formulierte, die dann vom Rat verabschiedet wurden und damit den Mitgliedsbünden zum Gebrauch empfohlen werden.

EBF Resolution zur Situation im Mittleren Osten und in Nordafrika (Englisch)

EBF Resolution zur Tragödie in Norwegen (Englisch)

> EBF-Ratstagung 2012 in Elstal

Ein Artikel von Regina Claas