Gemeinden zukunftsfähig machen

Beratertag: Mut zu echter Veränderung

„Wie viel Zukunft kann Beratung? – Wie begleiten wir als Gemeindeberatung Zukunftsprozesse?“– Mit dieser wichtigen Fragestellung befassten sich im November 2016 gut 40 Gemeindeberaterinnen und Gemeindeberater unseres Bundes. Ziel des Tages war es, sie für die Besonderheiten bei Veränderungsprozessen zu sensibilisieren.

Im Hintergrund steht einerseits die Sorge seitens der Bundesgeschäftsführung, dass manche Gemeinden nicht nur stagnieren, sondern kleiner werden oder gar ganz aufgeben. Friedbert Neese: „Gemeinden müssen in Bewegung bleiben, um ihren Auftrag zu erfüllen. Damit das geschehen kann, sind wichtige Weichenstellungen rechtzeitig vorzunehmen. Gemeindeberatung bietet die Chance, dies mit kompetenter Unterstützung zu tun.“

Darüber hinaus zeigen Erfahrungswerte im Netzwerk „Beratung von Gemeinden“, dass Gemeinden bei ihren Beratungsanfragen oftmals eher an „kleine Formate“ denken. Mut zur längeren Strecke und zu echter Veränderung ist nötig. Der Tag zeigte, wie man in zielführender Art und Weise an Zukunftsthemen arbeiten kann und auf einen neuen Weg kommt – ohne dass Visionen und Ideen einfach wieder in der Betriebsamkeit des Alltags untergehen.

Dr. Dietmar Nowottka machte in seinem Vortrag deutlich, dass es zwei verschiedene Arten von Veränderung gibt: „Entwicklung“ meint die stete Veränderung, die zu erwarten ist und ohne große Brüche abgeht (etwa wie die Entwicklung eines Baumes im Rahmen der Jahreszeiten). „Change“ meint dagegen den Übergang von einem Ordnungszustand zu einem anderen (etwa wenn der Baum genutzt wird, um daraus einen Schrank zu bauen). Change-Veränderungen sind verbunden mit vielen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten. Man kann sie vergleichen mit dem Gang über eine Hängebrücke. Menschen mögen solche Unsicherheiten nicht und reagieren darauf mit Angst. Angst wiederum drückt sich in Widerstand aus. Weil der Change-Prozess inhaltlich mit vielen Unwägbarkeiten verbunden ist, ist ein passender Plan für den Übergang umso wichtiger. Es ist Aufgabe der Berater, diesen Prozess sicher zu steuern.

Ermutigend und lebenspraktisch war der Vortrag von Siegfried Abel. Der langjährige Gemeindeberater im Netzwerk „Beratung von Gemeinden“ erzählte von seinen Erfahrungen über einen Zeitraum von 20 Jahren, in denen er als Gemeindeleiter die Gemeinde Herten durch einen vielschichtigen Change-Veränderungsprozess geführt hat und Gemeindewachstum erleben konnte. Er zeigte auf, dass es Initiatoren und Impulsgeber braucht, um einen solchen Prozess in Gang zu setzen, aber auch einen inneren Zusammenhalt in der Gemeinde – sowie eine Gemeindeleitung, die es schafft, die richtigen Bilder zu erzeugen, damit Menschen sich mit dem Geschehen identifizieren. Obgleich er selbst Profi ist, sagt er: „Ohne Berater, Mentoren, Supervisoren, Theologen, Freunde und Partner kann ich mir keine gelingende Gemeindeentwicklung vorstellen. Wir haben all diese helfenden Menschen immer wieder gebraucht, um standzuhalten, Entscheidungen zu treffen, Fallen zu erkennen, Auswege zu finden und nach Niederlagen wieder auf die Beine zu kommen.“

Neben diesen richtungsweisenden Vorträgen gab es Workshops mit Hannes Neubauer, Thorsten Graff und Martin Seydlitz, um die Methodenkompetenz für die Praxis solcher Prozesse zu erweitern.

Als Bund ist es uns ein Anliegen, dass die Ortsgemeinden gestärkt und zukunftsfähig gemacht werden. Welche Form für die jeweilige Situation gut ist und welche Beraterinnen und Berater dafür empfohlen werden, hängt von vielen Faktoren ab. Gemeinden sind eingeladen, die „Beratung vor der Beratung“ zu nutzen, um das für sie passende zu finden.

Ein Artikel von Heike Beiderbeck-Haus