Daria Kraft und Joachim Gnep

Koinonia – das Leben teilen

Auch ein Rap-Video kann Mission sein

„Koinonia – das Leben teilen“, das war das Thema der AmPuls-Konferenz vom 24. bis 26. Januar in der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Hagen. Roland Hentschel und Martin Roth berichten, wie sie die Missionskonferenz erlebt haben.

Welche Auswirkungen hat es, wenn Christen ihr Leben miteinander und mit den Menschen ihrer Umwelt teilen? Diese Frage stellten sich die circa 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der AmPuls-Konferenz, die der Dienstbereich Mission zu Beginn eines jeden Jahres in einer Gemeinde des Bundes veranstaltet. In diesem Jahr „zog“ es die Konferenz in die EFG Hagen am Rande des Ruhrgebiets und damit in den Westen Deutschlands.
 
Den Auftakt bildeten die Gründerkonferenz am Freitagvormittag und das Forum Diakonie, deren Besucher sich ab dem Freitagnachmittag in Hagen sammelten. Im Forum Diakonie erfuhren die Teilnehmenden von Almut Siodlaczek und Daria Kraft zum Beispiel, wie sie für diakonische Projekte Fördermittel erhalten können.

Gründerkonferenz

Forum Diakonie

Forum Diakonie

Die Gründerkonferenz mit etwa 60 Teilnehmenden setzte sich aus Gemeindegründern und aus an Gemeindegründung interessierten Besuchern zusammen. Alle gemeinsam erlebten kreative Berichte aus einzelnen Gründungsinitiativen. Dabei wurde deutlich, dass Gemeindegründungen vielfältig, nie einheitlich, sondern kreativ sind und vom Einsatz ihrer Gründerväter und -mütter leben. Das Thema der Konferenz „Koinonia – das Leben teilen“ spielte bei den „Gründern“ eine wesentliche Rolle. Nur mit mutigen, freundlichen und wertschätzenden Einladungen zum gemeinsamen Leben kann sich Glauben im Leben von Menschen erneut oder erstmalig ereignen. Besonders beeindruckt haben mich in diesem Zusammenhang die Berichte von „Kirche, die bewegt“ aus Saarbrücken und von der projekt:gemeinde aus Wien.

Gründerkonferenz

Gründerkonferenz - Stephan Panter

Gründerkonferenz - Klaus Schönberg und Christoph Busch

Am Freitagabend trat das Musikerpaar Judy Bailey und Patrick Depuhl auf und veranstaltete einen Lese-Liederabend „Das Leben ist nicht schwarz-weiß“. In Clubatmosphäre gelang es beiden, mit nachdenklichen, aber auch witzig wortakrobatischen Texten und stimmiger Musik die Anwesenden mit auf eine Reise in ihr Leben zu nehmen. Denn genau darum ging es: Wurzeln und Wege, Welt und Dorf, die beide in ihren Lebensgeschichten aufweisen, sind uns in vielen Farbfacetten erzählt und gesungen worden. Ein wirklich berührender Abend, weil alle Zuhörenden eingeladen waren, das Leben zu teilen – Koinonia.       

Konzert mit Judy Bailey

Konzert mit Judy Bailey

Konzert mit Judy Bailey

Zu Beginn des Samstags wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Jan Primke, dem musikalischen Leiter der Gemeinde Dortmund, in eine Zeit des gemeinsamen Singens und der Anbetung Gottes hineingenommen. In ihrem daran anschließenden Referat stellte Jessica Festus, Älteste und Pastorin der EFG Hagen für die internationale Gemeinde, heraus, dass der griechische Begriff „Koinonia“ die Teilhabe am Leben anderer, das Teilen des eigenen Lebens mit Anderen und somit Partnerschaft meint. Ihr leidenschaftlicher und in manchen Teilen humorvoller Vortrag beinhaltete viel Persönliches: Als Kind in Namibia geboren und aufgewachsen, später die Auswanderung nach Deutschland, die Prägung durch unterschiedliche kulturelle Einflüsse, ihre Berufung in den Dienst als Pastorin und Ausbildung im PIAP Programm des Bundes – ein Weg, der nicht möglich gewesen wäre, wenn sie nicht vielfach am Leben anderer Menschen hätte teilhaben können. „Menschen sind zur Gemeinschaft miteinander und mit Gott berufen“, so Jessica Festus: „Gemeinschaft ist eine Sehnsucht des Menschen, die Gott in einen jeden Menschen hineingelegt hat. Ja, Gott selbst ist ein dreieiniger und somit auf Gemeinschaft ausgerichteter Gott.“ Dieser Grundgedanke habe unmittelbare Auswirkungen auf unser Zusammenleben: Es gehe um ein gemeinsames Leben in gegenseitiger Wertschätzung und Einheit, um ein Miteinander und ein gemeinsames „unterwegs sein“ in Vergebungsbereitschaft. Dabei sei es besonders wichtig, Andersartigkeit als Bereicherung zu sehen. Denn wo Unterschiedlichkeit im Vordergrund stehe, hindere dies echte Gemeinschaft. Am Ende wurde ihr Vortrag durch persönliche Berichte von Mitgliedern der gastgebenden Gemeinde ergänzt, wie sie „Koinonia“ leben und erleben.

Worship mit Jan Primke

Jessica Festus

Jessica Festus und Mitglieder der EFG Hagen

Ein reichhaltiges Workshop-Angebot stand anschließend für die Teilnehmenden bereit. Angeboten wurden zum Beispiel: „Beten aus dem Hören“, „Betrachtendes Bibel-lesen“, „Bibel gemeinsam teilen und entdecken“, „Multilingual beten“, ein Kreativworkshop „Praying in Color“ oder „Schritte in die Stille“. In seinem Workshop „Ein Gewinn: Zugänge durch alte und neue Musik“ schilderte Jan Primke, wie „Koinonia“ durch generationsübergreifende Musik im Gottesdienst gefördert werden kann. „Musik in der Gemeinde ist mehr als die bloße Liedauswahl“, ist Jan Primke überzeugt: „Sie ist vielmehr das generationsverbindende Element der Gemeinde-DNA.“ Engagiert und leidenschaftlich berichtete er darüber, wie in seiner Gemeinde Dortmund vor etwa 12 Jahren eine neue Art des Musizierens, das „Barock’n Roll“, entstand, wie ein eigenes Diakonat Musik eingerichtet wurde und zwischenzeitlich etliche Bands entstanden sind, die jeweils als Hauskreise ein Stück des Lebens miteinander teilen. Gerade Letzteres trage wesentlich dazu bei, dass jeden Sonntag qualitativ gute Musik eine der wesentlichen Säulen des Gottesdienstes sei.

Jan Primke

Jan Primke im Gespräch

Workshops am Vormittag

Im Anschluss hörten die Teilnehmenden in den sogenannten „X-Talks“ zunächst einen Bericht von Andreas Isenburg aus Dortmund, der sich für das Konzept „Kirche Kunterbunt“ verantwortlich zeichnet – ein Projekt, in dem Kinder und Erwachsene ohne kirchlichen Hintergrund neue Formen kennenlernen, gemeinsam Gemeinde zu bauen. Ralf Peter Reimann, Internetbeauftragter der Evangelischen Kirche im Rheinland, schloss sich an mit Anregungen zu Online-Auftritten von Gemeinden und den damit verbundenen digitalen Möglichkeiten, etwa das Angebot eines Seelsorge-Chats. Walter Klimt, Pastor der Baptistengemeinde in Wien/Österreich, schilderte die Entstehung seiner Gemeinde, wie aus einer Gemeindegründungsinitiative von zwölf Leuten eine Gemeinde entstand, die heute Taufgottesdienste mit 30 bis 40 Täuflingen feiert.

Andreas Isenburg

Ralf-Peter Reimann

Walter Klimt

Weitere Workshops folgten am Samstagnachmittag: „Weltmission – Koinonia im globalen Dorf“, „Die sieben Merkmale einer vitalen Gemeinde“, „Konvivenz – Mission auf Augenhöhe“ und viele mehr. „Zurück zur Leidenschaft – von Fußballfans lernen“ war der Titel eines Workshops, der gut in die „Gegend“ des Veranstaltungsortes, das Ruhrgebiet mit seinen vielen Fußballvereinen, passte. In diesem Workshop unter der Leitung von Olaf Rudzio, Pastor der Gemeinde Herten, und Ralf Stibba, Mitglied der dortigen Gemeindeleitung, wurde von der Aktion der zwei Fanclubs des FC Schalke 04 „Mit Gott auf Schalke“ und des BVB Dortmund „Totale Offensive“ berichtet. Vor den Fußballderbys dieser beiden großen Clubs werden gemeinsame Gottesdienste gefeiert, was deeskalierend wirke – nach dem Motto: „Rivalität ja, Feindschaft nein“. Diese Gottesdienste finden im Übrigen seit drei Jahren in der Gemeinde Herten statt.

Workshops am Nachmittag

Workshops am Nachmittag

Workshops am Nachmittag

Die Veranstaltung am Samstagabend wurde musikalisch von der Band der Gemeinde Hagen „Green worship“ gestaltet. Ihre teils ruhigen, teils kraftvollen Lieder nahmen die Teilnehmenden hinein in eine Haltung der Anbetung und des Lobpreises. Moderiert wurde der Abend von Joachim Gnep, Leiter des Dienstbereichs Mission, und Klaus Schönberg, zuständig für die Gemeindegründungen im BEFG. Den Teilnehmenden wurde ein Projekt von Pastorin Daria Kraft, tätig beim Diakoniewerk der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinden Baden- Württemberg, vorgestellt. Sie hat mit Flüchtlingskindern ein Rap-Video gedreht. Auf die (rhetorische) Frage von Joachim Gnep, ob „so etwas denn Mission sei“, antwortete sie schlagfertig und unter dem zustimmenden Beifall der Teilnehmer: „Was ist denn das für eine Frage? Natürlich, was denn sonst!?“

Green Worship Band

Dirk Pusch und Joachim Gnep

Jörg Gerasch und Joachim Gnep

Am Ende dieses langen Tages fand die Lounge regen Zuspruch, die von einigen Mitgliedern der Gemeindeleitung der Gemeinde Hagen angeboten wurde. So klang dieser Tag mit einer Vielzahl von Eindrücken und Anregungen gemütlich aus.

Die Konferenz fand ihren Abschluss mit dem Gottesdienst am Sonntagmorgen. Joachim Gnep thematisierte in seiner Predigt über Apostelgeschichte 2,42 erneut die Frage, was Koinonia ausmache. Er stellte noch einmal den Gedanken der Teilhabe, das Leben miteinander zu teilen, heraus: „Gott wird einer von uns. Ihn hat es nicht im Himmel gehalten, er will das Leben mit uns teilen. Jesus will Gemeinschaft, er will mit uns leben, will mit uns essen und trinken. Koinonia ergreift alle Lebensbereiche, Freud und Leid. Eine solche Gemeinschaft ist attraktiv.  Auch Mission beginnt damit, das Leben zu teilen. Entscheide dich dafür, die Menschen zu lieben, oder lass es sein mit der Mission.“ Aussagen und Sätze, die den Zuhörerinnen und Zuhörern vor Augen und Ohren hielten, dass alle Mission von einem liebenden Gott ausgeht, der sich nach den Menschen sehnt. Und dass Mission nur dann ihr Ziel erreicht, wenn sie von Menschen ausgeht, die sich von Gott geliebt wissen, die Menschen lieben und dazu bereit sind, mit Anderen das eigene Leben zu teilen –  zumindest ein Stück davon. Mit der Möglichkeit, sich segnen und senden zu lassen, endete dieser Gottesdienst und mit ihm eine inspirierende und ermutigende AmPuls-Konferenz.  

Ein besonders herzliches Dankeschön gilt dabei der gastgebenden Gemeinde Hagen und ihren vielen Mitarbeitenden, die für ein gastfreundliches und angenehmes Konferenzklima sorgten.

Lounge

Joachim Gnep

Gespräche während der Konferenz

Die nächste AmPuls-Konferenz findet vom 22. bis 24. Januar 2021 in der EFG Karlsruhe statt.

Ein Artikel von Ronald Hentschel / Martin Roth / Jasmin Jäger