„Lecker kochen für viele“

Ein persönlicher Bericht

Die Evangelisch-Freikirchliche Akademie Elstal bietet das Seminar „Lecker kochen für viele“ an. Am 30. März war Dieter Richter aus der EFG Leverkusen dabei und berichtet begeistert, wie er das Handwerk des Kochens neu entdeckt hat.

„Lecker kochen für viele“ – So lautete das Seminarangebot der Evangelisch-Freikirchlichen Akademie Elstal für Gemeindeköche am 30. März in Hamburg. Das Stichwort „Kochen“ erweckt bei mir immer große Aufmerksamkeit. Aber ob ich ein Seminar brauche? Könnte ich nach circa 25 Jahren Kocherfahrung für den Sonntagstreff mit etwa 60 Gästen oder für Pfingstzeltlager mit maximal 200 Teilnehmern oder für Freizeittreffen und Mitarbeiterseminare mit Selbstverpflegung für das GJW Rheinland nicht selber mal ein Seminar veranstalten?

Große Überraschung erlebte ich vor Ort. Vier Meisterköche erwarteten 20 Kochbegeisterte unterschiedlichen Geschlechts und Alters aus unterschiedlich großen Gemeinden, um mit ihnen ihren eigentlich freien Samstag zu verbringen. Darunter der Sterne- und Fernsehkoch Erich Häusler, der als Kochlehrer eigentlich schon einige Jahre im Ruhestand ist, es aber einfach nicht lassen kann und Andrea Schneider, Buchautorin und ehem. Sprecherin d. „Wort zum Sonntag“. Sie waren bereits vor uns da, um mit einem reichhaltigen Brötchenfrühstück Andrea Schneider, welche für die Akademie Elstal die Leitung des Seminars übernommen hatte, Gelegenheit zu geben, unsere biblischen Grundlagen für den Dienst als Koch in der christlichen Gemeinde darzulegen.

Irgendwie habe ich es ja schon immer geahnt, dass Essen nicht nur Essen, Kochen nicht nur einfach Kochen, Essen in der Gemeinschaft nicht nur Nahrungsaufnahme ist. Auch die Bücher der Bibel durchzieht eine Kulturgeschichte des gemeinsamen Essens und Trinkens: von Adams und Evas Biss in den Apfel bis zum heutigen Abendmahl. Diese Kulturgeschichte ist nicht von der Geschichte der Gemeinde Gottes zu trennen. In vielen Gemeinden unseres Bundes wurde in jüngerer Zeit die Freude bei der Zubereitung und an der regelmäßigen Tischgemeinschaft neu entdeckt und ebenso die Aufgabe, auch die Armen zu speisen.

Damit das Ganze in vielerlei Hinsicht gelingt, stehen wir jetzt in der gut organisierten Großküche des Cateringunternehmens von Rainer Bothe, welches die Bezeichnung „kreativ“ im Namen trägt. Hier werden täglich 7.000 hochwertige Essen vornehmlich für Kitas, Seniorenheime und Schulen zubereitet und ausgeliefert.

Bevor jedoch mit dem eigentlichen Kochen begonnen werden kann, erhalten wir eine wichtige Wissensgrundlage zur Gesunderhaltung. Denn alles, was vom Körper aufgenommen werden kann, enthält das Risiko krankmachender Keime. Diese gilt es auszuschalten. Ein trockenes und Stunden füllendes Thema? Mitnichten! Erich Häusler verleiht den damit verbundenen Pflichten anhand von vielen Praxisbeispielen eine Selbstverständlichkeit, als ob wir alles immer schon so gemacht hätten. Außerdem räumt er mit Spülirrtümern auf. Teller, die für die Spülmaschine vorgespült werden sollen, dürfen beispielsweise keinesfalls mit heißem Wasser in Berührung kommen. Immer kalt, damit nichts anbäckt! Oder Schneidebretter sollten aus Holz sein, obwohl jahrelang in allen Hygienevorschriften stand, dass Kunststoff dank guter Spüleigenschaften auf jeden Fall geboten sei. Dass bei der Verwendung Mikroplastik in die Speisen gerät, ist erst seit Neuerem bekannt. Glasbretter kommen übrigens auch nicht in Frage.

Nun aber zum Eigentlichen. Wie und vor allen Dingen womit wollen wir handwerklich vorgehen? Denn Kochen ist Handwerk und keine Motorunterstützung! Aber das wussten viele von uns auch vorher schon. Selbst in der Erstellung von großen Mengen wird zum Messer gegriffen. Groß muss es sein und richtig scharf! Es geht schließlich um den respektvollen Umgang mit Fleisch, Gemüse und anderen unter der Aufsicht Gottes gewachsenen Zutaten. Gemüse, auch wenn es geschält wird, sollte immer gründlich gewaschen werden – warum? Dazu später mehr.

Ich sehe zum ersten Mal in meinem Leben, auf welch vielfältige Art eine einfache Selleriestange oder Zucchini geschnitten werden kann. Feine dünne Stifte und Scheibchen für Salate, zentimetergroße Würfelchen fürs Ratatouille, etwas größere Rauten für die Suppe. Die unterschiedlichen Formen sind wichtig für die richtige Geschmacksentfaltung und für die Berücksichtigung von Garzeiten im Zusammenhang mit anderen Zutaten. Diese Techniken gelten auch für viele andere Gemüsesorten.

Jetzt zu den gut gewaschenen Abschnitten, die normalerweise sofort im Müll landen. Hier werden sie sorgfältig in einem sauberen Behältnis gesammelt. Ausnahme: Sie sind angefault oder enthalten Giftstoffe, wie zum Beispiel Tomatenblüten. In einem Topf mit kochendem Wasser dürfen diese „Abfälle“ mit reichlich Salz circa eine halbe Stunde gemütlich vor sich hin köcheln. Der Sud, den wir dann beim sorgfältigen Abseihen gewinnen, kann in kleinen Portionen, zum Beispiel in Eiswürfelaufbereitern, eingefroren werden. Für künftige Kocherlebnisse hat man sofort einen hochwertigen Gemüsefond zur Hand (Brühwürfel adé).

Auch aus unserem Menüplan möchte ich kein Geheimnis machen: Petersilienwurzel-Cremesuppe mit Pistazien-Klößchen, Putenbruststreifen mit Kokos und Cashewkernen und Basmati-Curry-Reis, „Ratatouille“, also italienisches tomatisiertes Gemüse, handgeschabte Eierspätzle und Mango-Pfirsich-Joghurtmousse mit Himbeermark.

Ich hatte mich für die Zubereitung der Spätzle gemeldet. Eigentlich ganz einfach. Ein dünnflüssiger Teig aus zwei Kilo Mehl wird mit 20 Eiern, Salz und Muskatnuss in einer kleinen Wanne mit den Händen durchgemischt bis eine gleichmäßige Konsistenz erreicht ist. Da ich bereits weiß, dass er durch ein Lochblech gedrückt werden soll, erscheint sie mir zu flüssig. Fast hätte ich noch Mehl dazu gemischt. Aber Rainer Bothe gibt mir den Tipp, die halbe Stunde Standzeit abzuwarten, dann kann man immer noch eingreifen. Guter Tipp!

Das Spätzleblech liegt wie eine Brücke auf dem großen Topf mit kochend sprudelndem Salzwasser. Jetzt darf ich diese mittlerweile sehr zähe Teigmasse mit einem breiten Spachtel in kurzer Zeit durch die nur Cent großen Löcher drücken. Nur langsam tropfen die „Knöpfle“, schnell schmerzen Hand und Unterarm. Der Kochmeister drängt, die bereits wallenden Spätzle dürfen sich nicht auflösen. Wir haben fünf Durchgänge geplant. Durchgang heißt, Teigmasse durchs Sieb drücken, die nach wenigen Minuten durchgegarten Knöpflespätzle mit einem Sieb herausheben und in ein mit kaltem Wasser gefüllten Becken abschrecken. Zu meiner Erleichterung habe ich für den fliegenden Wechsel eine kräftige Ablöse. Köche sind Teamplayer. Kurz vor dem Servieren werden die Spätzle in einer großen Pfanne mit Butter angeschmelzt, also langsam mit Butter ohne Bräunung angebraten.

Der Nachteil beim Zubereiten eines Menüs besteht darin, dass uns Kochlehrlingen die anderen Zubereitungen zum Teil entgehen; man kann halt nicht überall gleichzeitig sein. Aber an den abwechslungsreichen kulinarischen Erlebnissen dürfen wir anschließend gemeinsam teilhaben. Die Freude am gemeinsamen Mahl ist jetzt besonders groß.

Da sitzen wir nun leicht erschöpft und staunen uns gegenseitig an: Das alles sollen tatsächlich wir selbst gekocht haben? Ich will uns hier jetzt nicht selbst loben, aber die Dankbarkeit ist schon ganz besonders. Besonders groß auch gegenüber „unseren“ sehr geduldigen Profiköchen und der Akademie Elstal für diese wunderbare Möglichkeit der Weiterbildung. Mich erstaunt immer noch das überaus hohe Niveau dieses Seminars bei erschwinglichem Beitrag und freue mich schon auf das nächste Mal.

Was nun nehme ich mit in unsere Gemeinde? Um es kurz zu sagen: sehr viel. Neben dem Wissen und den neuen Erkenntnissen auch die Gewissheit, dass wir mit der Möglichkeit der gemeinsamen Mittagessen Wege und Türen zum direkten Miteinander eröffnen. Oft bestimmt der „Zufall“, mit wem wir Tischgemeinschaft haben. Bedienen wir uns dieser Chancen zu Begegnung und Gespräch in einer Zeit, wo der Mensch in der Gefahr steht, sich in sozialen Netzwerken zu verlieren und dort meist nur neue Formen der Einsamkeit kennenlernt, dann bieten wir persönliches Gegenüber und gemeinschaftliche Freude beim von Gott gewollten Genuss gesunder Speisen. Denn wir sind Eingeladene Gottes und dürfen Einladende sein.

Ein Artikel von Dieter Richter