„Perspektiven für eine multilaterale Ökumene“

Theologischer Arbeitstag anlässlich des 80. Geburtstags von Siegfried Großmann

Für eine „Ökumene der Teilhabe“ plädierte der Pastor i.R. Siegfried Großmann auf einem theologischen Arbeitstag am 17. März 2018 in der Evangelisch-Freikirchlichen Akademie Elstal. Das Präsidium des BEFG richtete diesen Arbeitstag anlässlich des 80. Geburtstags seines früheren Präsidenten (2002 – 2007) aus.

In einem Grußwort würdigte BEFG-Präsident Michael Noss (Berlin) den Jubilar als jemanden, der auf faszinierende Weise eigene Themen setze, diese aber immer moderierend in den BEFG einzubringen verstehe, ein Pädagoge, der Menschen „auf Augenhöhe“ unterrichten könne.

Im Kreise von Präsidiumsmitgliedern, alten Weggefährten, Verwandtschaft und Studierenden moderierte Akademieleiter Dr. Oliver Pilnei das anspruchsvolle Programm, das aus dem zentralen Referat Großmanns, „Responses“ aus katholischer und evangelisch-landeskirchlicher Sicht sowie Aussprachen bestand.

In seinem Referat entfaltete Großmann anhand der Fragen „Wer ist Christ?“, „Was ist Taufe“ und „Was ist Kirche?“ die von ihm beobachteten bzw. wünschenswerten Stufen der Ökumene. Wo zu Recht die „Einheitskirche“ in Struktur und Dogmatik als Ziel der Ökumene abzulehnen sei, sei ihm doch das derzeitige Verharren in der „versöhnten Verschiedenheit“ zu wenig, weil „wir einander brauchen, in unserer Unterschiedlichkeit, aber auch auf dem unabwendbaren Weg aller europäischen Kirchen zur Freiwilligkeitskirche“.
Anhand persönlicher Erlebnisse plädierte er für weitere Schritte. Ein Schritt in die „geistliche Ökumene“ sei für ihn dort möglich, wo zusammen gebetet, an der Bibel gearbeitet und das Leben geteilt würde. Dann wäre es möglich, dass die Kirchen sich ihren jeweiligen Glauben nicht nur abnehmen, sondern den eigenen sogar im anderen finden könnten.

Als Endpunkt stellt er sich jedoch eine „Ökumene der Teilhabe“ vor, die er anhand des „Koinonia“-Begriffs der Bibel entfaltete. Dabei forderte er eine echte Teilhabe an den jeweils anderen Ausdrucksformen der unterschiedlichen Kirchen. Als praktisches Beispiel nannte er den Papst, den er sich in einzelnen Bereichen (z.B. bei ethischen und politischen Fragen) als eine Art Sprecher der Christenheit vorstellen könnte, ohne sich ihm als Freikirchler in irgendeiner Weise unterzuordnen. Beim größten baptistischen Vorbehalt, der Säuglingstaufe, plädierte er dafür, diese nicht mehr als „ungültig“ abzuqualifizieren, sondern sie als eine Art Anfang zu akzeptieren, der zwar unvollständig sei, dem aber die notwendige Lebensübergabe dann später folgen könnte (wie z.B. in einer Tauferneuerungsfeier), wobei die Gläubigentaufe in ihrer Vollständigkeit die beste Form der Tauferneuerung wäre. Großkirchen könnten in der Frage der Evangelisation dagegen von Freikirchen mit ihrem erwecklichen Hintergrund profitieren.

Dr. Lothar Penners, Prof. Em. der Theologischen Hochschule Vallendar und ehemaliger Leiter der Schönstatt-Bewegung konstatierte aus katholischer Sicht dass das baptistische Taufverständnis aktuell in kirchlichen Bewegungen aufgenommen werde, sowie auch die Heiligung als notwendiger Aspekt des christlichen Lebens.
Dr. Reinhard Hempelmann, Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (Leipzig) betonte, dass er die derzeit gelebte Einheit nicht als eine Vorstufe auf eine weitergehende Einheit verstehen könne. Seiner Erkenntnis nach begründe der neutestamentliche Kanon nicht die Einheit, sondern die Vielfalt der Konfessionen. Jedoch sei dort auch die Einheit geboten. Also hätten die Kirchen auf die Gefährdungen der Einheit zu achten und sie ihrerseits zu stärken. Dabei sollte der menschlichen Antwort auf das Evangelium immer neu Raum gegeben werden, in Zeugnis, Diakonie, Anbetung und Gemeinschaft.

Abends verwöhnte der Jubilar seine Gäste noch mit einem 90minütigen Klavierkonzert, in welchem er die „Lieder ohne Worte“ von Felix Mendelssohn präsentierte, worauf der Tag mit einem gemütlichen Beisammensein ausklang.

Fotos: Michael Lefherz

Ein Artikel von Ulrich Wagner