Von Martin Luther zu Martin Luther King

Ausstellungseröffnung in der Hoffnungskirche Wittenberg

„Von Martin Luther zu Martin Luther King“ heißt die Ausstellung der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF), die am 1. Mai in der Evangelisch-Freikirchlichen Hoffnungskirche in Lutherstadt Wittenberg eröffnet wurde.

„Als Freikirchen sehen wir uns als Erben der Reformation, auch wenn wir uns nicht direkt auf Martin Luther beziehen“, erläuterte Friedrich Schneider, einer der Mitinitiatoren, das Anliegen. „Mit dieser Ausstellung wollen wir deutlich machen, dass die Reformation kein einmaliges, punktuelles Ereignis war, sondern eine Bewegung, die immer noch andauert. Reformation ist eine Haltung, die unser Leben als Christen umfasst. Wir wollen aufmerksam sein dafür, was Menschen bewegt und mit ihnen gemeinsam nach Antworten des Glaubens suchen“, so Schneider. Wenn Luther dazu aufforderte, „dem Volk aufs Maul zu schauen“ meine er nicht nur, die Sprache der Menschen auf dem Markt zu sprechen, sondern auch ihre Sorgen und Nöte zu kennen. Ein Anliegen, das auch Martin Luther King jr. bewegte.

Warum der Afro-Amerikaner King den Namen des deutschen Reformators trägt, erklärte Prof. Dr. Erich Geldbach in seinem Eröffnungsvortrag. Eine Reise des Vaters von Martin Luther King jr. habe ihn 1934 unter anderem nach Wittenberg geführt: „Daddy King war von diesem Besuch so angetan, dass er nach seiner Rückkehr seinen Namen und den seines Sohnes in Martin Luther King ändern ließ.“ Ursprünglich hießen sowohl der Vater als auch der Sohn Michael King.

Neben diesen beiden Gemeinsamkeiten setzten Martin Luther und Martin Luther King in ihrem Wirken sehr unterschiedliche theologische Schwerpunkte, betonte Geldbach in seinem Vortrag vor knapp 40 Zuhörerinnen und Zuhörern. Während die Ideen des Reformators auf der Rechtfertigungslehre basierten, sei für die „Schwarze Kirche“ („the black church“), zu der Martin Luther King gehörte, Freiheit und Befreiung das Leitmotiv gewesen: „Befreiung als religiöser und politischer, ja auch als revolutionärer Prozess und Freiheit als Ziel sind die fundamentalen Daten schwarzer Spiritualität und schwarzer Theologie“, so Geldbach. Seinen Ursprung habe dies in der Geschichte der Sklaverei. „Die soziale Lage der Afro-Amerikaner ließ sie auf andere Texte aufmerksam werden als Luther und dessen Beschäftigung mit dem Römerbrief“, sagte Geldbach: „Die Schwarzen erlebten in den Texten der hebräischen Bibel anschaulich-fassbar, wie Gott für seine versklavten Kinder in Ägypten eingreift. Für die schwarzen Menschen war wichtig zu erfahren, dass Gott mit seinem Volk nicht untätig blieb, sondern dass er den Pharao besiegte, damit dieser das Volk ausziehen lassen musste. Das war den Sklaven, aber auch den bereits freigelassenen oder freigekauften Afro-Amerikanern hinreichender Grund für die Hoffnung, dass derselbe Gott das auch mit seinem ‚schwarzen Israel‘ tun wird.“

Auch die Gedanken über die Anwendung des Evangeliums auf die soziale Lage („Social gospel“) des baptistischen Theologen Walter Rauschenbusch und Mahatma Gandhis Lehre vom gewaltfreien Widerstand, die nach Geldbachs These ebenfalls von zwei Baptistenpredigern beeinflusst wurde, prägten den amerikanischen Bürgerrechtler nachhaltig.

„Es ist also nicht die Übereinstimmung ihrer theologischen Auffassung, die Martin Luther und Martin Luther King miteinander verbindet“, fasste eine Teilnehmerin nach der Veranstaltung zusammen, „sondern vielmehr ihr widerständisches Verhalten und ihr mutiger Einsatz für die erkannte Wahrheit.“

Die Ausstellung „Von Martin Luther zu Martin Luther King“ findet im Rahmen der Weltausstellung zum Reformationsjubiläum in der Fleischerstr. 11/12 in Wittenberg statt und ist bis Mitte September mittwochs bis sonntags von 14:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Ein Artikel von Julia Grundmann