Weltkonferenz von Religions for Peace in Lindau

Erstmals in Deutschland: VEF-Beauftragter war Landeskoordinator

„Für unsere gemeinsame Zukunft sorgen – das Gemeinwohl für alle fördern“. So lautete das Motto der 10. Weltkonferenz von Religions for Peace, die vom 20. bis 23. August in Lindau am Bodensee und damit  erstmals in Deutschland stattfand.

Religions for Peace ist die weltweit größte Allianz religiöser Gemeinschaften. Das Friedensnetzwerk besteht aus führenden Religionsvertreterinnen und -vertretern aus mehr als 100 Ländern. Sie setzen sich für Frieden, eine gerechte Gesellschaft und die Umwelt ein. Dabei respektieren sie religiöse Unterschiede und handeln auf der Grundlage gemeinsam geteilter Werte. Seit fast 50 Jahren vermittelt Religions for Peace als internationale Nichtregierungsorganisation (NGO) in Konflikten und hilft bei Katastrophen. Alle fünf Jahre findet eine Weltversammlung statt. Dieses Jahr nahmen neben 700 Vertreterinnen und Vertretern aus 17 Religionen 200 Gäste aus Politik und Gesellschaft teil.

Der Beauftragte der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) am Sitz der Bundesregierung, Baptistenpastor Peter Jörgensen, war der Deutschland-Koordinator der 10. Weltversammlung. Er hebt die Bedeutung des Treffens hervor: „Hier haben die Religionen eine gemeinsame wichtige Stimme, um nach dem Wesentlichen für das globale Gemeinwohl zu fragen. Das ist das Anliegen von Religions for Peace. Die Frage nach dem Gemeinwohl nicht ökonomisch zu klären und Wohlsein mit Wohlstand zu verwechseln, sondern glaubwürdig zum Wohle der Menschen zu agieren.“

Zum Anlass der Konferenz wurde im Lindauer Luitpoldpark eine 7,5 Meter hohe Skulptur aus verschiedensten Hölzern aus aller Welt gebaut: der Ring for Peace. Er ist das Symbol der 10. Weltversammlung und soll ein dauerhaftes Symbol des Friedens zwischen den Religionen sein. Der Ring ist wie ein Möbiusband – eine Fläche, die nur eine Kante und eine Seite hat – geformt. So kann man beim Betrachten des Rings nicht zwischen innen und außen unterscheiden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiner eröffnete die Konferenz: „Religions for Peace macht Ernst mit der Überzeugung, dass Religionen keinen Anlass mehr sein dürfen für Unfrieden und Krieg, sondern dass sie im Gegenteil Werkzeuge des Friedens sein können – und müssen.“ Religion dürfe niemals Rechtfertigung von Hass und Gewalt sein, so der Bundespräsident. Unter den 900 Anwesenden war auch VEF-Präsident und BEFG-Generalsekretär Christoph Stiba. Er unterstützt die Friedensbemühungen: „Bundespräsident Steinmeier hat bei der Konferenz den schwedischen Theologen und Friedensnobelpreisträger Nathan Söderblom zitiert, der häufig sagte: ‚Lehre trennt, Dienst eint.‘ Unterschiede zwischen den Religionen sollten wir nicht unter den Tisch kehren. Aber ich werbe dafür, dass wir vor Ort und auch überregional stärker danach suchen, was wir in einer multireligiösen Gesellschaft nur zusammen bewirken können.“

Bundespräsident Steinmeier

Foto: Ring for Peace

Generalsekretärin von Religions for Peace Prof. Dr. Azza Karam

Foto: Ring for Peace

Lange Tafel

Foto: Ring for Peace

Erstmals in der Geschichte von Religions for Peace wurde eine weibliche Generalsekretärin gewählt: Prof. Dr. Azza Karam. Sie ist Professorin für Religion und Entwicklung an der Vrije Universiteit Amsterdam und die Nachfolgerin von Dr. William F. Vendley, der das Amt seit 1994 innehatte. Frauen, ihre Rolle und ihr Potential als Friedenstifterinnen standen bei der diesjährigen Konferenz im Fokus. Darüber wurde mit Vertreterinnen aus den sogenannten MENA-Staaten (Mittlerer Osten und Nordafrika) diskutiert. Denn es sei laut Religions for Peace erwiesen, dass Frauen weltweit eine spezifische und bedeutende Rolle in friedensstiftenden Prozessen spielen, oft aber noch nicht genügend in ihrer Rolle wahrgenommen würden. Religions for Peace hat das Ziel, die Rolle der Frauen und Jugendlichen und deren Führung in Institutionen auf lokaler, regionaler und globaler Eben weiter voranzutreiben.

Auf der Versammlung wurde darüber hinaus eine Erklärung für Gerechtigkeit und Frieden verabschiedet. Sie ruft zum gemeinsamen Handeln in verschiedenen Bereichen auf: Die Religionsgemeinschaften verpflichten sich, die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen zu unterstützen und sich für das Wohlergehen von Geflüchteten und Migrantinnen und Migranten einzusetzen, indem sie Begleit- und Unterstützungsprogramme entwickeln. Außerdem werden sie auffordert, ihre Ressourcen in Übereinstimmung mit den Nachhaltigkeitszielen, den Sustainable Development Goals (SDGs), zu verwenden. Als Antwort auf den Klimawandel und die Waldbrände im Amazonasgebiet fordert Religions for Peace in Kooperation mit der Interfaith Rainforest Initiative religiöse Führungspersonen und Gemeinschaften dazu auf, „sich im Sinne von Moral, Menschenrechten und Humanität aber auch aus spirituellen und wissenschaftlichen Gründen für das Beenden der Regenwaldabholzung bzw. für eine Politik zum Schutz der Regenwälder und der Rechte indigener Völker einzusetzen“.

Bei der Konferenz stand die Gemeinschaft im Mittelpunkt: Die Teilnehmenden und die Lindauer Bevölkerung waren zu einem multireligiösen Abendessen unter freiem Himmel an einem langen Tisch auf dem Marktplatz eingeladen. Viele kamen dabei ins Gespräch und lernten sich kennen. „Religionen werden in der Öffentlichkeit häufig als Ursache für Spannungen und Konflikte wahrgenommen“, so Christoph Stiba. „Dem können und müssen wir etwas entgegensetzen. Das fängt damit an, dass man miteinander redet und sich kennenlernt. Vor Ort und auch zwischen den Institutionen. Ich nehme aus Lindau genau diesen Impuls mit. Wir brauchen mehr Miteinander und weniger Gegeneinander. Zum Wohle der Menschen und zur Ehre Gottes.“

Ein Artikel von Jasmin Jäger