Wie die Körperschaftsrechte ausgestaltet werden können

Bund Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden will eigene Gerichtsbarkeit einführen

Mit rechtlichen Fragen des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden als Körperschaft des öffentlichen Rechts beschäftigten sich über 600 Teilnehmer bei einem Konsultationstag vor der Bundesratstagung am 6. Mai 2010.

In mehreren Jahren hatte ein Arbeitskreis verschiedener Fachleute Ordnungen für das Selbstbestimmungsrecht der Ortsgemeinden, eine Ordnung zur Gerichtsbarkeit des Bundes und für das Dienstrecht für hauptamtliche Mitarbeiter erarbeitet.

Notwendig wurden diese Regelungen, wie der Richter Eckard Müller-Zitzke einführend erklärte, weil der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden als Körperschaft des öffentlichen Rechtes befähigt aber auch beauftragt sei, innerkirchlich rechtliche Fragen selbständig zu klären.
Er erklärte, dass die meisten Gemeinden keine eigene Rechtspersönlichkeit hätten, das heißt, eigentlich gäbe es sie im Rechtssinn gar nicht. Gleichzeitig handelten die Gemeinden und ihre Verantwortlichen aber so, als hätten sie eine Vollmacht dazu von der Körperschaft. Diese rechtlich widersprüchliche Situation müsse dringend geregelt werden, um Verantwortungsträger zu schützen. Dabei müsse die Selbständigkeit der Ortsgemeinde und ihre Zugehörigkeit zum Bund genauer beschrieben werden.

Als Anwälte des Publikums nahmen Veit Praetorius und Frank Fornacon Fragen aus dem Plenum auf. Ausführlich wurden außerdem mündlich gestellte Fragen aus dem Publikum beantwortet.
Immer wieder klang in den Rückfragen die Frage an, ob diese Regelungen wirklich nötig seien. Auch nach Alternativen wurde gefragt wie zum Beispiel, ob es nicht auch möglich wäre, den Bund als Dachverband von Gemeinden mit Vereinsstatus zu organisieren.
Neben Eckard Müller-Zitzke machten auch andere Mitglieder des Arbeitskreises wie z.B. der Anwalt Dr.Manfred Radtke deutlich, dass alle denkbaren Alternativen geprüft worden seien. So sei ein Verein sehr viel stärker mit juristischen Auflagen und komplizierten steuerlichen Anforderungen belastet. Die Körperschaftsrechte und die vorgelegten Ordnungen würden es dem Bund erlauben, eine rechtliche Form für das, was die Gemeinden immer schon gelebt hätten, zu gestalten.

Überraschend und dann aber überzeugend war die Präsentation einer eigenen kirchlichen Gerichtsbarkeit. Es wurde deutlich, dass dadurch die Möglichkeit für Gemeinden und Mitarbeitende geschaffen werde, strittige Fragen zunächst in einem Mediationsverfahren, dann aber auch durch ein rechtskräftiges Urteil klären zu lassen. Diese kirchliche Gerichtbarkeit würde wie ein Arbeitsgericht anerkannt werden.

Größeren Gesprächsbedarf gab es zu der Vorlage einer neuen Dienstrechtsordnung. Diese Ordnung konnte erst unmittelbar vor dem Bundesrat fertiggestellt werden und erreichte die Abgeordneten als Tischvorlage. Sie beschreibt ein „öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art“. Die Arbeitsrechtlerin Ruth Dziewas machte in ihrer Einführung für den Arbeitskreis deutlich, dass damit weder ein Berufsbeamtentum noch das bisherige privatrechtliche Angestelltenverhältnis beschrieben werde, sondern ein speziell für den Bedarf der Gemeinden und des Bundes zugeschnittenes Dienstrecht.
Der Arbeitskreis nahm etliche Anregungen zur vorliegenden Fassung entgegen, antwortete auf Rückfragen und klärte Missverständnisse.
Etliche Abgeordnete äußerten sich dankbar für die geleistete Arbeit des Arbeitskreises, durch die die Rechtsunsicherheit in Gemeinden überwunden werden könne. Andere äußerten Verbesserungsvorschläge oder Bedenken. Insgesamt aber verlief die Beratung in einer konstruktiven Atmosphäre.
Abschließend machte Präsidient Hartmut Riemenschneider noch einmal deutlich, dass das Körperschaftsrecht dem BEFG viele Möglichkeiten eröffne, die genutzt werden sollten, um einen rechtlichen Rahmen für den geistlichen Auftrages des Bundes und seiner Gemeinden zu bieten. Sie sei ein Ausdruck für die Verbundenheit, die den gemeinsamen Dienst für den Herrn der Gemeinde ermögliche.

Er lud zu einem weiteren Konsultationstag am 4.September ein, bei dem besonders die angerissenen Fragen zum Dienstrecht weiter beraten werden sollten. Außerdem sei ein Sonderbundesrat zur Entscheidung über die Ordnungen am 13. November 2010 in Kassel geplant.

Die Diskussion kann fortgeführt werden im Internetforum unter:
www.baptisten.de/bundesgeschaeftsstelle/glauben-erleben/interaktiv/forum-rechtsordnungen/

Ein Artikel von Friedrich Schneider